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ETF-Dschungel: Physisch vs. Synthetisch – Wir bringen Licht ins Dunkel
ETFs sind in aller Munde, wenn es um einen unkomplizierten und kostengünstigen Vermögensaufbau geht. Sie ermöglichen es, mit nur einem Wertpapier in ganze Märkte zu investieren. Doch sobald man den ersten Schritt wagt, tauchen schnell die ersten Fachbegriffe auf: physisch oder synthetisch? 🤔
Viele Anleger sind hier verunsichert. Was kompliziert klingt, ist im Grunde nur die „Betriebsanleitung“ des ETFs – also die Art und Weise, wie er seinen Index nachbildet. Wir bei Oeconomia möchten Ihnen heute einfach und praxisnah erklären, was hinter den Begriffen steckt, wo die jeweiligen Vor- und Nachteile liegen und welcher ETF-Typ für Ihre Ziele der richtige ist.
Was sind ETFs überhaupt? Eine kurze Auffrischung
Bevor wir in die Tiefe gehen, ein kurzer Rückblick: ETFs (Exchange Traded Funds) sind börsengehandelte Fonds, die passiv einen bestimmten Index abbilden. Das kann ein bekannter Aktienindex wie der deutsche DAX oder der amerikanische S&P 500 sein, aber auch ein Index, der sich auf bestimmte Branchen, Themen oder Rohstoffe konzentriert. Der große Vorteil: Statt mühsam einzelne Aktien zu kaufen, investieren Sie mit einem ETF breit gestreut und profitieren von der allgemeinen Marktentwicklung – und das zu sehr geringen Kosten.
Der physische ETF: Greifbar und transparent
Ein physischer ETF macht genau das, was die meisten Anleger intuitiv erwarten: Er kauft und hält die Wertpapiere, die im abzubildenden Index enthalten sind.
Stellen Sie es sich wie einen Einkaufskorb vor: Bildet der ETF den DAX ab, liegen in diesem Korb die Aktien aller 40 DAX-Unternehmen – von Adidas bis Zalando. Man spricht hier von vollständiger Replikation. Bei sehr großen Indizes mit Tausenden von Werten (z. B. dem MSCI World) greifen die Anbieter manchmal zu einem Trick, dem Sampling. Dabei kaufen sie nur eine repräsentative Auswahl der wichtigsten Aktien, um die Indexentwicklung möglichst genau nachzubilden und Kosten zu sparen.
Die Vorteile des physischen ETFs
- Hohe Transparenz: Sie können jederzeit genau nachvollziehen, welche Aktien der Fonds für Sie hält.
- Kein Gegenparteirisiko: Das ist der entscheidende Punkt! Ihr investiertes Geld ist als Sondervermögen geschützt. Das bedeutet: Selbst wenn der ETF-Anbieter (z. B. iShares oder Xtrackers) insolvent gehen sollte, gehört der Inhalt des „Einkaufskorbs“ – also die Aktien – weiterhin Ihnen und ist vor dem Zugriff der Gläubiger sicher.
Aus unserer Beratungspraxis: Gerade für Einsteiger und sicherheitsorientierte Anleger ist dieser Punkt Gold wert. Viele unserer Mandanten schätzen die einfache und greifbare Struktur. Zu wissen, dass echte Unternehmensanteile als Gegenwert im Depot liegen, schafft ein hohes Maß an Vertrauen und Sicherheit.
Die Nachteile
- Höhere Kosten bei Nischenmärkten: Bei Indizes aus Schwellenländern oder mit schwer handelbaren Aktien können die Kauf- und Verwaltungskosten höher sein.
- Mögliche Abweichungen (Tracking Error): Besonders beim Sampling kann es zu minimalen Abweichungen von der tatsächlichen Index-Performance kommen.
Der synthetische ETF: Clever und effizient, aber mit einem Haken
Synthetische ETFs, oft auch „Swapper“ genannt, gehen einen anderen Weg. Sie kaufen die Aktien des Index nicht direkt. Stattdessen schließen sie ein Tauschgeschäft (einen sogenannten Swap) mit einem Finanzpartner ab, meist einer großen Investmentbank.
Vereinfacht funktioniert das so: Der ETF besitzt ein Portfolio aus diversen, liquiden Wertpapieren (das Trägerportfolio). Die Bank verpflichtet sich nun vertraglich, dem ETF exakt die Rendite des gewünschten Index (z. B. eines Rohstoff-Index) zu liefern. Im Gegenzug erhält die Bank die Rendite aus dem Trägerportfolio des ETFs.
Warum macht man das? Die Vorteile
- Effiziente Abbildung: Synthetische ETFs können auch schwer zugängliche Märkte wie Rohstoffe, bestimmte Schwellenländer oder komplexe Anlagestrategien sehr präzise und kostengünstig abbilden. Der physische Kauf von Fässern Rohöl oder aller Aktien eines exotischen Marktes wäre viel zu teuer und aufwendig.
- Geringer Tracking Error: Da die Indexrendite vertraglich zugesichert wird, bilden synthetische ETFs ihren Zielindex oft exakter ab als physische Pendants.
Ein Beispiel aus unserem Alltag: Kürzlich kam ein Mandant zu uns, der gezielt in einen Index für Seltene Erden investieren wollte. Ein physischer Kauf dieser Werte ist für einen Fonds kaum darstellbar. Hier war ein synthetischer ETF die ideale Lösung, um diese spezielle Marktchance effizient und kostengünstig zu nutzen.
Der Haken: Das Gegenparteirisiko
Der große Nachteil ist das Gegenparteirisiko. Was passiert, wenn der Swap-Partner – also die Bank – pleitegeht? Theoretisch könnte der ETF dann auf einem wertlosen Versprechen sitzen bleiben.
Aber hier müssen wir ganz klar entwarnen: Die europäischen Aufsichtsbehörden (UCITS-Richtlinien) haben strenge Regeln aufgestellt. Der Wert des Tauschgeschäfts darf nie mehr als 10 % des Fondsvermögens ausmachen. In der Praxis hinterlegen die Swap-Partner zudem täglich Sicherheiten in einem separaten Depot, um das Risiko weiter zu minimieren. Ein Totalverlust ist also extrem unwahrscheinlich. Dennoch bleibt ein minimales Restrisiko, das man kennen sollte.
Unser Fazit: Welcher ETF-Typ ist der Richtige für Sie? 💡
Pauschal lässt sich die Frage nicht beantworten – es kommt ganz auf Ihr Anlageziel an.
- Für den langfristigen Vermögensaufbau mit großen, etablierten Standardindizes (z. B. MSCI World, S&P 500, FTSE All-World oder DAX) empfehlen wir bei Oeconomia unseren Mandanten in den meisten Fällen den Griff zum physischen ETF. Die unkomplizierte Struktur, die hohe Transparenz und der vollständige Ausschluss des Gegenparteirisikos sind hier die entscheidenden Vorteile.
- Möchten Sie hingegen in spezielle Nischenmärkte, Rohstoffe oder komplexe Strategien investieren, kann ein synthetischer ETF die cleverere und oft auch kostengünstigere Wahl sein.
Als unabhängige Versicherungsmakler und Finanzberater ist es unsere Aufgabe, genau hinzuschauen. Wir sind an keine Fondsgesellschaft oder Bank gebunden. Unser einziges Ziel ist es, aus der riesigen Auswahl am Markt die Lösung zu finden, die perfekt zu Ihrer persönlichen Situation, Ihrer Risikobereitschaft und Ihren Wünschen passt. Manchmal ist das ein physischer ETF, manchmal ein synthetischer – und oft eine kluge Kombination aus beidem.