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Hausratversicherung: Warum 650 € pro Quadratmeter nicht mehr reichen – und was Sie jetzt tun sollten

Wenn es um die Hausratversicherung geht, geistert eine Zahl seit fast zwei Jahrzehnten durch die Köpfe von Versicherten und Beratern: 650 Euro pro Quadratmeter. Diese Faustformel war lange Zeit ein verlässlicher Anker, um die richtige Versicherungssumme zu finden und – ganz wichtig – den sogenannten Unterversicherungsverzicht vom Versicherer zu erhalten. Das bedeutet: Solange diese Summe versichert ist, prüft der Versicherer im Schadenfall nicht, ob der tatsächliche Wert des Hausrats vielleicht doch höher lag.

Doch wir bei Oeconomia stellen in unserer täglichen Beratungspraxis immer häufiger fest: Diese Zahl ist ein Relikt aus einer anderen Zeit. In einer Welt, in der die Preise für Möbel, Technik und Handwerkerleistungen stetig steigen, kann das Festhalten an dieser alten Regel im Ernstfall zu einer bösen und teuren Überraschung führen.

Die Realität hat die Faustformel überholt: Ein Blick auf die Zahlen

Wer heute ein neues Sofa, eine Küche oder einen leistungsstarken Laptop kauft, spürt es im Geldbeutel: Alles ist teurer geworden. Das ist keine gefühlte Wahrheit, sondern lässt sich handfest belegen. Ein Blick auf den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes macht die Entwicklung dramatisch deutlich:

  • Im Jahr 2002, als die 650-Euro-Regel populär wurde, lag der Indexwert bei 78,1.
  • Im Jahr 2024 ist dieser Wert auf 119,3 geklettert.

Rechnen wir das kurz für Sie um: Um die gleiche Kaufkraft wie 2002 abzubilden, müsste die Pauschale heute bei fast 1.000 Euro pro Quadratmeter liegen. Das ist eine Steigerung von über 50 %!

Natürlich bedeutet das nicht, dass jeder Vertrag pauschal auf diesen Wert angehoben werden muss. Der individuelle Bedarf ist entscheidend. Aber es zeigt unmissverständlich: Wer sich heute noch blind auf die 650 Euro verlässt, lebt mit einem erheblichen Risiko.

Der Praxisfall: Was eine zu niedrige Summe im Totalschaden bedeutet

Bei kleinen Schäden, wie einem kaputten Ceranfeld oder einem durch einen Kurzschluss beschädigten Fernseher, fällt eine zu niedrige Versicherungssumme meist nicht auf. Die Leistungsgrenzen sind hier in der Regel ausreichend.

Die Nagelprobe kommt jedoch bei einem Großschaden – dem Feuer in der Wohnung, dem geplatzten Wasserrohr, das alles unter Wasser setzt, oder dem Einbruch, bei dem alles von Wert gestohlen wird. Versicherer berichten, dass in 80 bis 90 % dieser Totalschäden die vereinbarte Summe nicht mehr ausreicht, um den gesamten Hausrat zum Neuwert wiederzubeschaffen.

Ein Beispiel aus unserer Beratung

Vor Kurzem kam ein Ehepaar auf uns zu, dessen Wohnung nach einem Kabelbrand komplett unbewohnbar war. Ihr Vertrag, abgeschlossen vor acht Jahren bei einer Direktbank, sah eine Versicherungssumme von 65.000 € vor (100 m² x 650 €/m²). Auf dem Papier und auf dem Kontoauszug sah die Entschädigungssumme nach einer riesigen Menge Geld aus.

Die Ernüchterung folgte jedoch schnell:

  • Die moderne Einbauküche allein kostete im Neuaufbau fast 20.000 €.
  • Die maßgefertigten Einbauschränke im Schlafzimmer waren teurer als erwartet.
  • Die Preise für Unterhaltungselektronik, Möbel und sogar Kleidung waren deutlich gestiegen.

Am Ende fehlten der Familie rund 15.000 €, um ihr Zuhause wieder in der gewohnten Qualität und Art einzurichten. Das ist Geld, das sie aus eigener Tasche aufbringen mussten – in einer ohnehin schon extrem belastenden Situation.

Mehr als nur Möbel: Die versteckten Kostenfresser im Schadenfall

Was viele übersehen: Die Versicherungssumme muss nicht nur für den reinen Ersatz von Gegenständen reichen. Ein Großschaden zieht einen Rattenschwanz an weiteren Kosten nach sich, die oft von der Versicherungssumme „abgeknapst“ werden. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Aufräum- und Abbruchkosten: Schutt und zerstörte Möbel müssen entsorgt werden.
  • Hotelunterbringung: Wenn die Wohnung unbewohnbar ist, müssen Sie irgendwo leben.
  • Lagerkosten: Gerettete Möbel müssen zwischengelagert werden.
  • Transportkosten: Für den Umzug in eine Übergangswohnung und zurück.

Gerade hier liegt der Vorteil einer unabhängigen Beratung. Als Makler schauen wir für unsere Mandanten genau ins Kleingedruckte. Einige Versicherer rechnen diese Kosten auf die Versicherungssumme an, was die für den Hausrat verfügbare Summe weiter reduziert. Wir bei Oeconomia achten darauf, Tarife zu empfehlen, bei denen diese wichtigen Leistungen separat und ausreichend hoch abgedeckt sind.

Unsere klare Empfehlung: So sichern Sie sich richtig ab

Wir raten dringend davon ab, die Versicherungssumme weiterhin stur nach der alten Pauschale zu berechnen. Um auf der sicheren Seite zu sein und Puffer für zukünftige Preissteigerungen zu haben, empfehlen wir eine Anpassung.

Unsere Faustregel für heute: Kalkulieren Sie mit mindestens 780 bis 800 Euro pro Quadratmeter. Dies entspricht einer Erhöhung von rund 20 % und bietet Ihnen im Ernstfall die entscheidende finanzielle Sicherheit, die Sie benötigen.

Für einen noch genaueren Wert empfehlen wir, einmal gedanklich durch die eigene Wohnung zu gehen:

  • Besondere Werte: Besitzen Sie teure Fahrräder, eine hochwertige Fotoausrüstung, Kunst oder eine wertvolle Sammlung?
  • Küche & Einrichtung: Was würde es kosten, Ihre Küche oder Ihr Wohnzimmer heute 1:1 neu zu kaufen?
  • Kleiderschrank: Unterschätzen Sie nicht den Wert Ihrer gesamten Garderobe inklusive Schuhen und Accessoires.

Fazit: Vorsorge ist besser als Nachsicht

Ihre Hausratversicherung ist mehr als nur ein Posten in Ihrem Ordner – sie ist das finanzielle Sicherheitsnetz für Ihr Zuhause und Ihren Lebensstandard. Eine veraltete Versicherungssumme ist ein unnötiges Risiko, das im schlimmsten Fall existenzbedrohend sein kann. Eine kleine Anpassung des Beitrags kann hier einen riesigen Unterschied machen.

Überprüfen Sie daher Ihren aktuellen Vertrag. Wenn Sie unsicher sind oder eine professionelle und unabhängige Einschätzung wünschen, sind wir für Sie da.